Alternativen zu Reductil

von Fatburner
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Symbolbild für Alternativen zu Reductil

Gute Alternativen zu Reductil sind schwer zu finden. Seit das Medikament 2010 vom Markt genommen wurde, suchen Forscher nach Wirkstoffen, die eine ähnlich gute Wirkung auf das Körpergewicht haben, ohne die Gesundheit der Patienten zu gefährden. Der große Durchbruch ist noch nicht in Sicht. Die derzeit verfügbaren Präparate können das Abnehmen zwar unterstützen, aber eine gesunde Ernährung und Sport nicht ersetzen.

Keine echten Alternativen zu Reductil in Sicht

In der S3-Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“ wird nur eine Substanz empfohlen, nämlich Orlistat. Aber auch mit diesem Wirkstoff sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich: viel Bewegung, eine Ernährungsumstellung und unter Umständen eine Verhaltenstherapie. Außerdem sollte Orlistat in der Regel erst ab einem BMI von 30 eingesetzt werden.

Die aktuelle Leitlinie stammt aus dem Jahr 2014. Seitdem wurden zwar weitere Wirkstoffe zugelassen, echte Alternativen zu Reductil sind jedoch nicht darunter.

In Deutschland zugelassene Wirkstoffe

Folgende Wirkstoffe waren 2016 in Deutschland zur Behandlung der Adipositas zugelassen (Auflistung nach Wirkstoff; Handelsnamen in Klammern):

  • Amfepramon (Regenon): Die Wirkung von Amfepramon beruht auf einer zentralen Appetithemmung. Aufgrund seiner stimulierenden Wirkung kann es jedoch auch missbraucht werden. Im Jahr 2001 wurde die Zulassung entzogen und ein Jahr später wieder erteilt.
  • Liraglutid (Saxenda): Liraglutid wurde zur Behandlung von Diabetes (Typ 2) entwickelt und ist seit 2016 auch zur Behandlung von Übergewicht zugelassen.
  • Naltrexon mit Bupropion (Mysimba): Das 2018 zugelassene Präparat besteht aus zwei Wirkstoffen. Es hemmt den Appetit und wirkt auf das Belohnungssystem im Gehirn.
  • Orlistat (Xenical): Orlistat ist der einzige Wirkstoff, der in der aktuellen S3-Leitlinie zur Gewichtsreduktion empfohlen wird. Es hemmt die Fettaufnahme und reduziert so die Kalorienzufuhr.

In den USA zugelassene Wirkstoffe

Neben den in Deutschland erhältlichen Wirkstoffen gibt es in den USA Appetitzügler, die hier nicht zugelassen sind (Auflistung nach Wirkstoffen; Handelsnamen in Klammern):

  • Lorcaserin (Belviq): Lorcaserin aktiviert bestimmte Serotonin-Rezeptoren, die den Appetit hemmen. Der Hersteller hatte bereits einen Antrag auf Zulassung in der EU gestellt, diesen aber wegen der drohenden Ablehnung wieder zurückgezogen. (siehe Anm. 1)
  • Phentermin mit Topiramat (Qsymia): Phentermin, ein Amphetamin, und Topiramat, ein Antiepileptikum, hemmen in Kombination den Appetit und helfen so beim Abnehmen. Phentermin kann psychisch abhängig machen. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) schätzt das Risiko höher ein als den Nutzen.

Nicht mehr zugelassene Wirkstoffe (Auswahl)

  • Aminorex (Menocil): führt zu Lungen- und Herzschäden; auch nach dem Absetzen sterben ca. 50 % der Patienten innerhalb von 10 Jahren an Herzversagen.
  • Benfluorex (Mediator): Das vor allem in Frankreich, Spanien und Italien bekannte Medikament führte in mindestens 1300 Fällen zu schweren Herzklappenfehlern mit Todesfolge. In Deutschland wurde es nie zugelassen.
  • Fenfluramin (Ponderax) bzw. Dexfenfluramin (Isomeride): Beide Wirkstoffe sind mit einem hohen Risiko für Lungenhochdruck verbunden.
  • Phentermin (Adipex): Phentermin kann psychisch abhängig machen. In Deutschland ist es seit den 70er Jahren nicht mehr zugelassen.
  • Phenylpropanolamin (Boxogetten): ein früher frei verkäufliches Amphetamin, das mit einem hohen Schlaganfallrisiko in Verbindung gebracht wird.
  • Rimonabant (Acomplia): 2006 zugelassen und 2008 vom Markt genommen, weil es schwere Depressionen auslöst. Es wirkt über eine Hemmung der Cannabinoidrezeptoren vom Typ CB1.
  • Sibutramin (Reductil): 1997 zugelassen, in den Medien oft als Wundermittel zum Abnehmen gefeiert, 2010 vom Markt genommen, weil es den Blutdruck erhöht und zu Herzrhythmusstörungen führt. In einigen Fällen starben Patienten. Es ist noch vereinzelt im Internet erhältlich, teilweise auch undeklariert in frei verkäuflichen Produkten.

Suche nach Alternativen zu Reductil geht weiter

Die Suche nach Alternativen zu Reductil geht weiter, aber eine Wunderpille zum Abnehmen ist noch nicht in Sicht. Einige Anstrengungen gelten der Erforschung von Substanzen, die über Cannabinoid-Rezeptoren wirken. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte man einst mit dem Wirkstoff Rimonabant, der schwere Depressionen auslöst. Dieses Problem will man lösen, indem die neuen Medikamente an einem anderen Subtyp der Rezeptoren ansetzen: CNR2 statt CNR1. Bei Mäusen scheint es gut zu wirken, Tests am Menschen stehen noch aus.

Ein weiterer Kandidat ist Semaglutid, das bereits zur Behandlung von Diabetes zugelassen ist. Der Wirkstoff verlangsamt unter anderem die Magenentleerung und führt so zu einer längeren Sättigung. Erste Tests am Menschen, die 2018 abgeschlossen wurden, geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus, doch bis zur Zulassung ist es noch ein weiter Weg.

Ob und wann es hier zu einem großen Durchbruch kommt, ist nicht absehbar. Bis auf weiteres können Medikamente nur unterstützend eingesetzt werden. Sie sind kein Ersatz für gesunde Ernährung und Bewegung.

Quelle und weitere Informationen

M. Lenzen Schulte: Appetitzügler – Die „magic bullet“ zum Abnehmen ist immer noch Utopie (Ärzteblatt, 2016)

 


Anm. 1: Die Zulassung von Lorcaserin (Belviq) in den USA wurde im Februar 2020 aufgrund von Hinweisen auf ein erhöhtes Krebsrisiko widerrufen.

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