Diätpillen aus dem Internet sorgen immer wieder für Aufsehen. Einige Wirkstoffe, die früher weit verbreitet waren, sind wegen ihrer Nebenwirkungen vom Markt verschwunden. Einer davon ist Sibutramin, besser bekannt unter dem Namen Reductil. Einzelne Konsumenten beziehen es heute aus Ländern, in denen es noch zugelassen ist, wissen aber in der Regel, worauf sie sich einlassen. Gefährlich wird es, wenn ein Hersteller den Wirkstoff heimlich in ein Produkt mischt. Nicht deklariertes Sibutramin ist vor allem für Patienten gefährlich, die zu einer Risikogruppe gehören.
Vom Hoffnungs- zum Sorgenkind
Sibutramin wurde von der deutschen Knoll AG entwickelt, die später von amerikanischen Investoren übernommen wurde. Chemisch gesehen ist Reductil ein Amphetamin. Es hemmt die Wiederaufnahme der Botenstoffe Noradrenalin und Serotonin in die Nervenzellen. Diese Botenstoffe reichern sich in Hirnarealen an, die unter anderem für die Appetitregulation zuständig sind. Dadurch fühlt man sich schneller satt und hat weniger Appetit.
Sibutramin wurde Personen mit einem BMI über 30 verschrieben, bei Risiken für chronische Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes oder Bluthochdruck galt es bereits ab einem BMI von 27 als indiziert. Zusätzlich wurde den Patienten eine gesunde Ernährung und viel Bewegung empfohlen.
Sibutramin galt lange Zeit als Standard bei der Behandlung von starkem Übergewicht. Doch dann zeigten Studien, dass es das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte erhöht. Die Europäische Arzneimittelkommission empfahl 2010, die Zulassung ruhen zu lassen. Das Medikament verschwand vom Markt, zuerst in der EU, dann auch in den USA und in China.
Erste Zweifel und Verbot
Sibutramin war von Anfang an umstritten. Erste Verbotsbestrebungen gab es in den USA bereits im Jahr 2002, nachdem es zu mehreren Todesfällen gekommen war. Zudem wurde festgestellt, dass die Patienten nach einem Jahr im Durchschnitt nur 3 kg abgenommen hatten, was weit unter den Angaben des Herstellers lag. Nachfolgende Studien kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass der Nutzen des Medikaments die Risiken überwiegt.
Damit war das Verbot zwar vorerst vom Tisch, aber der Hersteller erhielt die Auflage, eine groß angelegte Studie mit 10.000 Patienten über sechs Jahre durchzuführen. Das Ergebnis war ernüchternd. Es stellte sich heraus, dass das Medikament das Gewicht der Patienten nicht nur in weit geringerem Maße reduzierte als bisher angenommen, sondern dass der Erfolg meist nur von kurzer Dauer war. Zudem zeigte sich ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzprobleme. Anfang 2010 wurde schließlich die Zulassung in Europa entzogen, die meisten anderen Länder folgten noch im selben Jahr.
Undeklariertes Sibutramin in No-Name-Produkten
Nach wie vor sind sibutraminhaltige Arzneimittel im Umlauf. So wurden im Oktober 2018 in Deutschland größere Mengen des vermutlich aus Thailand stammenden Produkts Minimal By falonfon sichergestellt, das nicht deklariertes Sibutramin enthält.
Ein ähnlicher Fall sorgte 2017 für Aufsehen, damals hieß das Produkt Slimix. Die Pillen enthielten ebenfalls ein Abführmittel, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Diese beiden Beispiele dürften nur die Spitze des Eisbergs sein. Mediziner warnen eindringlich vor der Einnahme von No-Name-Diätpillen, die oft schwere Nebenwirkungen haben. Besonders gefährdet sind Patienten mit Herzproblemen. Bei ihnen kann das Medikament im schlimmsten Fall zum Tod führen.
- Schlankheitsmittel „Minimal By falonfon“ enthält Sibutramin (deutsche-apotheker-zeitung.de)
- Abnehmen mit Reductil? (abnehmen-medikamente.site)